Eine Virtual-Reality-Brille kann die Therapie von Patienten mit einer Essstörung unterstützen. Das berichtet eine Arbeitsgruppe der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Psychotherapy and Psychosomatics.
„Gewicht zuzunehmen, ist gerade am Anfang das wichtigste Ziel in der Behandlung von Magersucht, aber für die Betroffenen ist es auch eine maximale Herausforderung“, erläuterte die Leiterin des Projektes, Simone Behrens. Der Alltag von Menschen mit Magersucht sei geprägt von der Angst vor Gewichtszunahme und den Maßnahmen, eine Zunahme zu verhindern. Die jetzt entwickelte Virtual-Reality-Umgebung ermöglicht es von Magersucht betroffenen Menschen, schon früh im Behandlungsverlauf auszuprobieren, wie es ihnen mit einem gesunden Körpergewicht ergehen könnte. In der Virtual-Reality-Umgebung können sie ein beliebiges Körpergewicht anschauen, und zwar sowohl aus der Ich-Perspektive als auch in einem virtuellen Spiegel.
Michael Black, Direktor der Abteilung für Perzeptive Systeme am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen, hat dazu auf der Basis von Tausenden Körperscans ein digitales Körpermodell entwickelt. Die Körper, die so generiert werden, sind nicht nur biometrisch plausibel. „Wir können auch die Körpergröße und das Gewicht individuell auf die jeweilige Patientin oder den Patienten abstimmen“, so Behrens. Für die klinische Pilotstudie haben Behrens und ihr Team 24 Patientinnen mit Magersucht untersucht, die in stationärer oder ambulanter Behandlung waren. Nach einer ausführlichen Vorbesprechung folgten vier Sitzungen zu je 30 Minuten, in denen die Patientinnen den gesunden virtuellen Körper betrachteten.
Fast alle Patientinnen haben laut der Wissenschaftler rückgemeldet, dass sie die virtuelle Darstellung als „sehr hilfreich“ für ihre persönliche Genesung erlebt haben. An diesen Ergebnissen möchte die Arbeitsgruppe anknüpfen und im nächsten Schritt Mechanismen während der virtuellen Körperexposition genauer untersuchen.
Referenzen: Hillienhof, A. (2023). Essstörungen: Virtual-Reality-Brille unterstützt Therapie. Deutsches Ärzteblatt, 22(10), 474.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/234602/Essstoerungen-Virtual-Reality-Brille-unterstuetzt-Therapie