„Natürlich bin ich verrückt, aber das heißt nicht, dass ich mich irre.“
Robert Anton Wilson
In unserer heutigen Welt treten immer häufiger psychische Erkrankungen an die Öffentlichkeit heran. Gegeben hat es Störungen der Psyche schon immer, das Reden darüber und die Feststellung, dass es jeden treffen kann, ist allerdings eine neuzeitliche Erscheinung. Die Praxen von Psychotherapeuten sind gefüllt und so mancher Patient muss eine Weile suchen, bis er den richtigen Ansprechpartner gefunden hat. Bei all den Symptomen und Krankheitsbildern stellt sich die Frage: „Was ist Wahnsinn und was ist einfach nur anders? Hinter manchem, was als psychische Krankheit gilt, steckt nur ein Verstoß gegen soziale Normen.“
Eine psychische Erkrankung steht keinem direkt ins Gesicht geschrieben und ist nicht auf den ersten Blick diagnostizierbar, wie etwa ein gebrochenes Bein oder ein entzündeter Blinddarm. Zur Diagnostik stehen im psychischen Bereich Handbücher zur Verfügung, die Symptome und Verhaltensweisen aufführen, welche verschiedenen Störungsbildern zugeordnet werden und die Grenze festlegen, was noch als gesund gilt und was bereits als krank. Doch woran macht man im alltäglichen Leben fest, ob jemand unter einer psychischen Erkrankung leidet oder ob dieser Mensch einfach nur anders ist, als es der Norm entspricht? „Da psychische Krankheiten so schwer zu fassen sind, droht nämlich die Gefahr, dass sie jedem angehängt werden, der irgendwie anders ist.
Unsere Gesellschaft benötigt „ein neues Verständnis psychischer Krankheiten. Es geht um unsere Bereitschaft und unsere Fähigkeit, andere Menschen zu tolerieren und zu verstehen.“ Es gibt keine allgemein Handlungsanweisung, wie jeder Einzelne mit Menschen umgehen kann und soll, die den Anschein machen, andersartig und gegebenenfalls psychisch erkrankt zu sein – im Endeffekt kommt es darauf an, wie man zu dieser Person steht und in welchem Kontext, also Freund, Fremder oder Therapeut, man sich befindet. Eine tolerante und nicht diagnostizierende sowie urteilsfreie Art und Weise ist wohl ratsam und signalisiert Zurückhaltung und Anerkennung des Verhaltens.
Nicht jeder muss sich für „sein Anderssein mit besonderen Leistungen rechtfertigen. Er darf auch einfach nur so: anders sein.“
Zitiert nach: Hohe Luft. Philosophie-Zeitschrift. Ausgabe 2/2012. Hohe Luft Verlag UG
Artikel: „Wer ist hier verrückt?“ S. 36 – 40 von Tobias Hürter