Mentalisieren in der Psychotherapie bei Ängsten und Depressionen


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Wir mentalisieren, wenn wir uns bewusst werden, was in einem anderen Menschen oder in uns selbst vorgeht, wenn wir versuchen, Missverständnisse zu verstehen, verschiedene Perspektiven anzuerkennen und herauszuarbeiten und von uns selbst und anderen ein logisches, zusammenhängendes bzw. nachvollziehbares Bild zu entwickeln. Dabei gelingt es uns von Situation zu Situation besser oder schlechter, die innere Welt einer anderen Person, d.h. ihre Absichten, Gefühle, Überzeugungen etc. zu erfassen. Die Fähigkeit zu mentalisieren hängt dabei nicht nur von der jeweiligen Situation und vom Stressniveau ab, sondern sie unterscheidet sich auch von Person zu Person.


Das Erkennen des mimischen Ausdrucks von Gefühlen spielt dabei eine wichtige Bedeutung für die Verständigung. Insbesondere in wichtigen Beziehungen vermittelt es die Sicherheit, die Gefühlslage und die Absichten des anderen einigermaßen einschätzen zu können. Da wir die innere Welt unserer Mitmenschen immer nur annäherungsweise und ungenau erfassen können, entstehen manchmal Missverständnisse und sie entstehen umso häufiger, je schlechter wir die Welt unserer Mitmenschen (und unsere eigene) erfassen können. Sich missverstanden zu fühlen erzeugt wiederum heftige Gefühle, die zu Rückzug, Feindseligkeiten, kontrollierendem Verhalten oder Zurückweisung führen. Mentalisieren versetzt uns in die Lage, uns von impulsivem, zerstörerischem oder selbst-zerstörerischem Verhalten distanzieren zu können, zu reflektieren anstatt zu handeln, die Wut z.B. zu spüren, sie wahrzunehmen, sie zu beobachten und nicht gleich draufzuhauen.


Die Förderung von Mentalisierung in der Psychotherapie ist nicht ein Therapieziel für sich selbst, aber sie ist ein Weg, Affekte besser modulieren zu können, zentrale Beziehungskonflikte zu verstehen und zu regulieren. Die Förderung von Mentalisierung verbessert dabei die Selbstkontrolle und das Empfinden, dass das persönliche Bild von sich selbst logisch, zusammenhängend bzw. nachvollziehbar ist. Die Nutzung mentalisierungsbasierter Erklärungsmodelle und Behandlungsansätze hat in der Psychotherapie und Beratung bei Beziehungsproblemen, in der Erziehungsberatung und bei schweren psychischen Störungen (z.B. Depressionen und Angststörungen) bereits Erfolge gezeigt.

Wenn Sie sich für eine Psychotherapie entscheiden und der Therapeut übt mit Ihnen Mentalisierung, stellen Sie sich bitte z.B. vor, eigene Erfahrungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten (z.B. „Was würde ich einem Freund, der in meiner Situation ist, raten?“) oder auf den „Pausenknopf zu drücken“, sich alternative Erklärungen für das Verhalten der Person zu überlegen und abzuwägen oder Missverständnisse in Ruhe anzusprechen und nachzufragen, bevor man eine Person einer Sache direkt beschuldigt.


Wir bieten dieses Verfahren in unserer Praxis vor allem bei Patienten mit Angst und Depressionen an.